Mittwoch, 26. Mai 2010

Tag der unfruchtbaren Umwege


Heute ging’s mit dem Frühstück schon wieder besser: Klar, die Cornflakes mit warmer Milch (den Zucker gab’s ohne Foodprints(!)), statt des süßen Toasts ein beherzter Griff zu einigen Minifladenbroten und als Krönung ein Ei á là Michael: Wenn 25 Minuten Kochen noch nicht reichen, dann bleibt’s halt noch ein bißchen länger drin.

Der Aufenthalt hat mir gefallen – in dem geräumigen Zimmer (nachts darf’s nicht pressieren, sonst kommst Du nicht mehr rechtzeitig hin…) und der Gegend, die ich irgendwann mal bei anderen Temperaturen und Sichtbedingungen nochmals sehen möchte.
Kurz noch Proviant auffrischen im Supermarkt und dann geht’s los Richtung Muscat. Ich hatte mir einige mögliche Alternativen aus dem Reiseführer vorgenommen, denn die Fahrt ist ansonsten ja nur 140 km lang.

Völlig überraschend gerate ich aus Nizwa heraus in einen Stau, den viele vor und hinter mir durch Ausweichen auf die Sandy-Roads neben der Straße umgehen (igitt, wie kann man nur!). Mit meinem nicht mal auf normalen Straßen bergtüchtigen Gefährt bleibe ich aber besser auf der Straße. Grund für den Stau: Ein Kreisverkehr – genau das, was ein Kreisverkehr eigentlich verhindern sollte. Im Stau wachen so einige Ideen: Fahr doch mal nach Birkat al-Mauz (klingt ein bißchen katzenmäßig) und suche die Straße zum Jebel Akhdar. Das ist der höchste Berg Omans, noch ein bißchen höher als die Sonne gestern. Völlig unerwartet finde ich auf Anhieb dort hin … und sehe mich am Eingang eines wunderschönen Wadis, eingerahmt von steilen Bergflanken. So windet sich die Straße einige km hin, bis nach einer Kurve die schönste Steigung vor mir auftaucht. Mindestens so schön wie gestern.

Mein Lancer läßt sich nicht bitten und schnauft mit teilweise unter 30 km/h hinauf und wird vom vorausfahrenden Laster fast abgehängt. Soviel zur Sportlichkeit meines Gefährts. Gottseidank hört die Steigung bald auf und es folgt ein … Parkplatz. Wo zig Autos stehen. Und eine Polizeistation mit Kontrolle. Der Officer ist sehr freundlich, schaut sich das Innere meines Autos an und meint dann großzügig: ‚Four by four only‘. Das war’s dann mit der Herrlichkeit. Er fügt noch dazu, daß die bisherige Steigung verhältnismäßig flach gewesen sei, die Kehren sehr spitz und überhaupt ich jetzt zu wenden habe. Aber auf dem Weg hinab verspreche ich mir: Jebel Akhbar – das nächste Mal bist Du dran.

Also düse ich wieder nach Katzenhausen, wo mich an einer Kreuzung ein Coffee Shop einlädt. Ich bin ja seit Tagen entwöhnt und lechze förmlich nach einem Schuß Coffein. Leider hat der Shop geschlossen – aber der nebenan ist geöffnet. Neben dem Eingang liegt – eine Katze. Wenn man das arme Tier noch so bezeichnen mag. Ein Auge ist geschlossen, der Körper ausgemergelt und die Hitze macht ihr offenbar sehr zu schaffen. Für 0.100 OR gibt’s dann einen schwarzen Kaffee – zur Überraschung des Inhabers ohne alles (no sugar? no milk?). Das kann man doch nicht trinken. Geht doch, schmeckt ordentlich und wird – im Pappbecher serviert.

Danach mache ich mich wieder auf die Strecke – wobei zwischenzeitlich der Innenraum meines Autos ein bißchen aufgeheizt wurde. Macht Spaß, da reinzukriechen, sich die Hände am Lenkrad zu verbrennen und zu hoffen, daß die Klimaanlage mit der brennenden Luft kurzen Prozeß macht. Schatten zu suchen ist um diese Jahreszeit zwecklos: Ich habe vorgestern den Wendekreis des Krebses überschritten und jetzt – Ende Mai – ist nicht mehr allzu viel Zeit bis zur Sonnwende, weswegen sie sich schön senkrecht über mir platziert.

Als nächstes will ich das Dorf Izki anfahren, das zwischen meiner Straße und der Autobahn nach Muscat liegt. Laut Beschreibung sei der alte Teil in zwei Teile geteilt, die jeweils sogar einen eigene Stadtmauer besaßen. Grund: Streitigkeiten zwischen zwei Familien über Generationen. Nett dagegen, daß Suq und Gemeinschaftseinrichtungen von beiden Familien besucht werden durften. Muß man auch nicht verstehen.

Mein Abstecher führt mich auch nach Izki, aber von der beschriebenen Faszination der zwei Orte kann ich nichts entdecken.

Von hier aus fahre ich ein Stück Autobahn, die von Nizwa bis Muscat vierspurig ausgebaut – und natürlich beleuchtet ist. Was heute aber nicht nötig ist. Sie führt entlang des Riesenmassivs, das vom Jebel Akhbar überragt wird. Schroff steigen die Bergflanken auf, vielfach haben die Berge mit der Geologie gespielt und interessante Faltungen aufgebaut. Da ja so gut wie keine Vegetation vorhanden ist, ist das alles faszinierend anzuschauen. Die westliche Seite zeigt sich etwas moderater, aber dennoch bergig.

Gegen 11:15 erreiche ich den Abzweig zum Wadi Qurai, das zu Fuß zu begehen ist. Unvermittelt – an einem Privathaus – hört die asphaltierte Straße auf und vor mir öffnet sich eine gigantische Spalte im Bergmassiv. Instinktiv fällt mir das Wort Klamm dafür ein. Nur – es rauscht nur ein kleines Rinnsal im Falaj, dem Bewässerungssystem. 20 m tiefer, in der Talsole, liegen nur massive, abgeschmirgelte Felsen, was die Kraft des Wassers – so es mal kommt – verdeutlicht. Alles andere ist schroff, spitz, scharf – nur die Felsen im Flußbett sind abgerundet.

Steil steige ich einen angedeuteten Weg hinunter – und bin dabei schon am Schwitzen. Das Gehen im Wadi-Bett ist dann auch nicht sehr viel angenehmer – es gibt ja keinen Pfad, sondern nur das Umgehen von Hindernissen. So bleibt es nicht aus, daß ich nach relativ kurzer Zeit den Rückweg antrete, schweißtriefend, trotz extrem trockener Luft. Ich bin nicht dazu gemacht, bei 45° im nicht vorhandenen Schatten bergzuwandern. Immerhin – einige Fotos habe ich mitgenommen.

Der nächste Umweg führt zur Sama’il Oase. Sie liegt inmitten eines grünen (!) Wadis, einem Palmenparadies. Seit langer Zeit ein Farbklecks inmitten einer ansonsten monochromen Landschaft. Irgendwie fühle ich mich aber nicht wohl – fühle die Reisekrankheit kommen – und mache nur deshalb eine kurze Pause…

Jetzt soll es einfach nur noch nach Muscat gehen – wobei ich dann doch noch einen Schlenker zum Bidbid Castle mache, das aber weggekarrt sein muß. Dort, wo es beschildert ist, liegt es definitiv nicht. Und mehr Zeit zum Suchen gebe ich mir auch nicht.

Als es dann noch 42 km nach Muscat sind, bin ich schon da! Wenigstens am Flughafen und inmitten dichter Bebauung und dichtem Verkehr. Der sich von Zeit zu Zeit staut und mir Gelegenheit gibt, mit Adam – Michaels schottischem Partner bei BMW in Dubai – Kontakt aufzunehmen. Offenbar geht’s wirklich noch ein Stück weiter … und weiter … und weiter. Ich erinnere mich, daß die Gegend ‚Capital Area‘ heißt und damit ist das Rätsel gelöst. Etwas weiter passiere ich die monumentale große Moschee, eine der größten der Welt. Auch wenn sie anscheinend neu gebaut wurde – sie ist wunderschön. Schade, daß ich Atheist sie nicht besuchen darf.

Sehr viel weiter erreiche ich dann wirklich den BMW Importeur, der ein imposantes Gebäude hingestellt hat –definitiv nicht zu übersehen. Auch wenn ich mit den spurwechselnden omanischen Fahrerkollegen deutlich mehr auf den Verkehr achten muß als bisher. Adam erwartet mich schon – und begrüßt mich freundlich, auch wenn wir uns ja bisher nicht gesehen, sondern nur gesprochen und geemailt hatten. Er ist eigens im Office geblieben, obwohl die Firma bis 16:00 in Siesta ist. Kein Wunder bei dem Backofen – draußen grillt einem das Gehirn unter der Schädeldecke; mit oder ohne Hut.

Nach einem kurzen Gespräch – zufälligerweise auch mit dem Enkel des Besitzers (aus der drittwichtigsten Familie des Oman … zufälligerweise ziemlich reich) leitet mich Adam zu einem preiswerten (für Muscat-Verhältnisse) Hotel, fast direkt am Strand. Es ist das erste Zimmer, in dem ich mich nicht verlaufe – aber trotzdem nett. Bis auf den Straßenlärm – der ist schon ohrenbetäubend.

Im Zimmer trifft mich dann schlagartig die Reisekrankheit wieder und so verbringe ich den Rest des Nachmittags etwas malade, müde und partiell schlafend. Gegen Abend erkunde ich noch den Strand, den Geschmack eines single Espresso im Starbucks und das Problem, mit dem Handy online zu gehen, wenn die Nummer länger ist, als vom lokalen Provider vorgesehen (Ergebnis: Es geht nicht, auch wenn’s bei Starbucks kostenlos ist).

Morgen werde ich die Altstadt besuchen – vorausgesetzt, mein Körper gibt sich dazu her… Und übermorgen – ja, dann ist schon wieder ein Ende erreicht: dann geht’s zurück zu Viola und Michael nach Dubai.

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