Dienstag, 25. Mai 2010

Omanische Bergwelt ...


… die stand heute auf dem Programm. Bilder dazu gibt's hier!

Nizwa liegt dazu ziemlich optimal, ist selbst von Bergen umgeben und von Hügelketten, die ausschauen wie die Unterkiefer überdimensionaler Dinosaurier. Mit Zahnresten.

Davor stand aber das petit dejeuner surprise. Keine Angst – bleibt alles deutsch mit üblichem englischen Einschlag. Weil’s aber ein Surprise gab, mußte die Wortwahl einfach sein. Die Überraschung waren – Cornflakes! Richtige Cornflakes. Mit warmer Milch (nein, kalte haben wir nicht – ähnlich wie Wasser, das kommt auch nur warm aus der Leitung wenn man kalt aufdreht). Ist doch egal! Noch etwas Zucker aus der gemeinsamen Dose – unter vorsichtiger Umgehung der leckeren Essensüberreste anderer Gäste – und schon beginnt der Tag OK!

Da ich keinen 4x4 sondern nur einen 2xnix habe, wurde mir vom Rezeptionisten deutlich abgeraten, in die Berge zu fahren. Meine gewählte Strecke aber findet er dann doch ‚fahrbar‘.

Also geht’s zunächst dahin zurück, wo ich gestern hergekommen bin. Erstes Ziel ist Misfah – ein laut Beschreibung pittoreskes Bergdorf, das noch ziemlich authentisch erhalten zu sein scheint. Nach Tanuf finde ich auch den Abzweig nach Al-Hamra und – an einem Kreisverkehr – sogar mal einen Wegweiser nach Misfah und (!) zu einer Höhle, die evtl. für später auf dem Programm steht.

Danach – Oman-üblich – keine weitere Wegweisung mehr. Dafür gibt’s eine Sightseeing Tour durch Al-Hamra und wieder zurück. Ich denke zwar, daß ich die Auffahrt nach Misfah gesehen habe, bin mir jedoch nicht sicher. Ein junger Mann weist mir dann den Weg – (hin)auf geht’s. Mein Lancer scheint schon vom Anblick der Auffahrt her zu streiken – ganz unwillig nimmt er die ersten Kehren und läßt sich nicht erweichen, mal mehr als 30 km/h aus sich herauszuholen. Immerhin – ich hab’s ja nicht eilig. Alle Naslang sind Parkplätze neben der Straße – zum Erholen des Autos oder Fotografieren, oder beidem. Auch wenn die Sicht weiterhin durch den Dunst stark beeinträchtigt ist.

Irgendwann bin ich dann doch noch oben angekommen, es geht am Ortsrand von Neu-Misfah (heißt bestimmt anders, aber das mit Misfah stimmt) vorbei und über eine weitere Stolperschwelle – das sind Steigungen mit direkt anschließendem Gefälle, bei denen man nichts sieht und keine Ahnung hat, wo und ob überhaupt es weiter geht – rolle ich langsam auf das Bergdorf zu. Schon aus der Entfernung ist zu erkennen, daß es wirklich äußerst interessant an den Berg und die angrenzende Schlucht gebaut ist. Zu Fuß erkunde ich den Ort – trotz deutlich über 40°. Die AC des Lancer – sogar diese – hätte ich gerne mitgenommen.

Im Ort ist viel beim Alten geblieben, aber auch der Tourismus hat seine Ergebnisse hinterlassen: Es gibt ein Tourist-Office, das zwar nicht besetzt ist, aber immerhin eine Beschreibung des Ortes, der Kultur und auch der Bewässerung liefert. Ich fühle mich mal wieder in meinem Element – ursprüngliche und nahezu so belassene Dörfer machen einfach Lust auf Sehen, Fotografieren und Interaktion mit den Menschen. Das ist hier zwar nicht einfach – ich spreche immer noch kein arabisch – aber dennoch simpel. Es reicht ja salam aleikum, notfalls noch eine Antwort auf ‚alemania‘ und bei Bedarf noch sukram (danke). Der Rest sind Gesten und Lächeln. Das hilft immer.
Misfah ist in einer knappen Stunde erkundet – auf Treppen, die schon Generationen von Omanis gegangen sein müssen, so abgelaufen sind die Stufen. Vielfach sind die Gebäude vom Verfall gezeichnet, aber ebenfalls sehr oft werden sie liebevoll restauriert. Es ist also kein Museumsdorf, sondern eine lebende Gemeinde, die ich da besuche. Das zeigt sich auch an einem Ende, wo ein Schild deutlich warnt: ‚Ladies only‘ – und das, wegen der Touris halt, auch auf Englisch. Daneben kann ich die berühmte Wasserarchitektur des Oman studieren; ich habe schon viel darüber gehört – jetzt sehe ich die Bewässerungssysteme real vor mir.

Irgendwann hab ich dann fast einen Hitzschlag, obwohl ich mich nur ausgesprochen langsam bewege (wie übrigens auch die Einheimischen). Zurück ins heiße aber runterkühlbare Auto. Im neuen Ort mache ich kurz Rast, fotografiere noch zurück und schaue einigen Jungendlichen beim Kartenspiel zu. Mir wird erklärt, daß das ein Spiel aus dem Computer ist, das einfach in Realita nachgespielt wird! Mal die andere Richtung – nicht virtualisieren sondern realisieren. Ansonsten verläuft das Spiel – sieht man mal davon ab, daß alles auf dem Boden stattfindet – wie überall auf der Welt: Die Karten werden auf den Tisch (resp. Boden) geknallt, wie beim Schaffkopfen. Und wahrscheinlich sind auch die Ausdrücke ähnlich…

Weiter habe ich mir eine Fahrt durchs Wadi Ghul vorgenommen. Laut Reiseführer eine der beeindruckensten Routen hier im Bergland. Völlig überraschend finde ich die Einfahrt ins Wadi fast sofort – nur ein kurzer U-Turn muß her. Von der Hauptstraße aus seien es 6-7 km bis zum Wadi-Ghul-Damm, ‚einem mächtigen Betonbauwerk‘. Soweit die Beschreibung. Also fahre ich langsam die Strecke entlang, genieße die Landschaft, die wirklich sehr schön ist. Links steigt ein Bergmassiv ziemlich steil an; die andere Wadiseite ist eher flach, stark erodiert und immer wieder mit tiefen Rissen versehen – ein Indiz für massive Wassereinbrüche, die wohl den Stausee füllen.

Aber – nach 10 km habe ich immer noch keinen Damm gesehen, oder gar einen Stausee. Aber es folgt ein unglaublich verstecktes Dorf am gegenüberliegenden Ufer, das sich Ton in Ton kaum vom umgebenden schroffen Fels absetzt. Ein Traum für den Fotografen in mir! Und wenigstens hier schadet der omnipräsente Dunst nicht wirklich.
Dennoch bin ich langsam am Grübeln: Wenn das das alte Ghul ist (paßt farblich zur Beschreibung des Reiseführers), dann müßte ich am Damm bereits vorbeigefahren sein. Das aber glaube ich nicht – bin ja weder blind noch habe ich beim Fahren geschlafen. Alternative: Ich bin im falschen Wadi. Auflösung später!

Das spielt aber alles keine Rolle, denn es ist einfach wirklich schön. Und ich fahre weiter auf einen Jebel zu, von dem ich eigentlich annehme, daß es der Jebel Sams (Berg der Sonne) wäre. Vielleicht. Aber da führt eine Straße hoch, die es – laut Führer – eigentlich nicht gibt. Ist egal – mein Vehikel wird einfach raufgescheucht. Es geht in steilen Serpentinen nach oben, geflankt auf der einen Seite von einem steil aufragenden Felsmassiv und auf der anderen von – ich denke mal – verbrannten Steinen. Das Gestein scheint im gleißenden Licht wirklich schwarz zu reflektieren, was erst durch einige schwarze Ziegen relativiert wird, die an einzelnen Gras- oder eher Dornbüschel ihr kärgliches Auskommen haben. Nach einer längeren Auffahrt sehe ich bewußt zum ersten Mal seit Tagen blauen Himmel! Es gibt ihn also noch – man muß nur hoch genug hinauf.

Dennoch kehre ich auf der Paßhöhe um – ich habe ja keine Ahnung, wo die Straße hinführen wird.

Auf dem Rückweg passe ich dann auf, ob ich vielleicht die eindrucksvolle Staumauer doch noch sehen kann. Und ja, da ist sie wirklich: ca. 2 m hoch überquert sie das Wadi. Gefunden hätte ich sie wohl nicht, wäre da nicht ein Parkplatz gewesen! Von wegen: mächtig und modern. Herr Franzisky – waren Sie wirklich jemals hier?
Immerhin ist es jetzt klar – ich bin weiter auf den Jebel Shams raufgefahren, als ich mir eigentlich vorgenommen habe.

Auf dem Rückweg nach Nizwa gibt es noch eine Sehenswürdigkeit, die mir mehrfach ans Herz gelegt wurde: Die Al-Hoota Cave. Nun bin ich nicht Helmut – der etwas trogglophil veranlagt ist – aber eine gute Höhle ist schon mal sehenswert. Wenn man schon (fast) dran vorbeifährt. Zwar übermannt mich die Müdigkeit und kurz vor der Höhle lege ich noch ein kleines Nickerchen ein, aber dann ist sie da: die erste touristisch erschlossene Höhle der arabischen Halbinsel. Woww! Für mich wirkt sie eher – disneylandisch! Eindrucksvoll gestylte Gebäude, ein Parkplatz, auf dem nur rückwärts eingeparkt werden darf (völlig irrsinnig, da ausschließlich im Freien ohne angrenzende Mauer), ein pikfeines Restaurant und – man glaubt es kaum – von diesem Ambiente bis zum einige hundert Meter dahinterliegenden Eingang zur Höhle – gibt es einen: Zug! Auf Schienen! Irrsinn!

Erst mal versichert man mir, daß ich nicht fotografieren dürfe. Auch nicht als Berufsfotograf (ich hatte meine Visitenkarten dabei). Also überlege ich, ob es sich denn wirklich lohnt, für ein paar Stalagmiten und –titen und klitzekleine blinde Fische 5.500 OR auszugeben. Aber jetzt bin ich schon mal da … und muß noch 30 Minuten auf den Zug warten! Das ist ja wie in guten alten Zeiten. Ich überlasse die Entscheidung dem Schicksal, in Gestalt eines Espresso im Schickimickirestaurant. Schmeckt er, gibt’s einen zweiten und die Höhle. Schmeckt er nicht, dann nicht.
30 Sekunden nach der Bestellung bin ich auf dem Weg zum Auto – was alles über die Qualität des Geschmacks aber auch über die Geschwindigkeit der Bedienung sagt. Tough luck. Die Höhle muß ohne mich überleben.

Die Rückfahrt trete ich weiterhin ganz gemächlich an, fahre gemütlich, um einfach die Landschaft zu genießen und von Zeit zu Zeit einen Fotostopp einzulegen. Dabei bemühe ich mich um den schon optimalen Standort des Autos – jede Bewegung draußen ist einfach überflüssig – also muß der Weg zum optimalen Spot auch optimiert werden. Eine Straße auf einen Berg hat es mir angetan - sie windet sich in Serpentinen hoch und ganz oben ist ein kleiner Punkt zu erkennen: Ein Riesen-LKW. Was die Dimensionen des Bergs klarmacht. Und verdeutlicht, daß hier neben Erosionsschutt auch eine ganze Menge an Bergbauschutt rumliegt. Und die Berge offenbar sukzessive geplättet werden.

Schließlich laß ich auch meinem Auto noch etwas zugutekommen: Die Tankanzeige steht auf 3/8. Was zur exorbitanten Zahlung von 3.600 OR (ca. 7,50€) führt. Der Tankwart kann’s gar nicht glauben, als ich ihm erzähle, was ich dafür zuhause zahlen müßte.

Gegen 17:00 bin ich wieder am Hotel und genieße etwas später den Pool. Im Wind wird’s dann richtig frisch … es scheint, ich habe mich akklimatisiert!

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