Donnerstag, 3. Juni 2010

Finale

Jetzt sitze ich irgendwo hinter Bagdad in 10.972 m Höhe und sehe mir die Wüste mal wieder von oben an. Ein etwas ungewöhnlicher Platz, einen Blogeintrag zu schreiben, aber nicht so ungewöhnlich, am Ende einer Reise.

Die letzten Tage sind eher ruhig verlaufen – teils auf das zunehmend schwülere Klima zurückzuführen, teils einfach darauf, den Besuch zu einem Besuch von Viola und Michael zu machen und nicht ausschließlich zu einem Dubai Trip.

Nach der Umwegepisode bei der Rückkehr aus dem Oman bin ich erst mal nicht sehr gewillt, meinen Lancer nochmals in den Unbilden der Dubaianischen Verkehrsführung zu bewegen. Deshalb beschließen wir, einen gemütlichen Tag zu verleben und am Nachmittag das Auto in seiner Dollar-Heimat zurückzugeben. Michael hat noch etliche Kleinigkeiten aus dem Baumarkt zu besorgen; das können wir dann auf dem Rückweg erledigen.

Immerhin gestaltet sich die Rückgabe meines Interimvehikels – das mir ja über 1800 km so gut es halt konnte gute Dienste geleistet hat – nur teilweise kompliziert. Aus Erfahrung klug geworden (wenn dem nur so wäre) fahren wir beide Autos erst mal auf den Parkplatz vor Arrival (ich kann die Logik immer noch nicht verstehen) und – da ich ja weiß, daß keine Autovermietung irgendwo auf dem Gelände ist – dort rufe ich erst mal bei Dollar an, daß jemand das Auto abholen kommen soll. Geht auch relativ schnell, der Check geht auch problemlos und meine Beanstandung der freien, verletzungspotentiellen Feuerlöscherhalterung führt nur dazu, daß der selbige jetzt gesucht wird. Immerhin wird er mir nicht in Rechnung gestellt. Wir sollen dann den Rest des Papierkrams in der Halle am Schalter erledigen.

Leicht gesagt. Schwer gefunden. In die Halle kommt man zwar einfach rein, aber die Dollars, Hertzens et al sind alle im abgesperrten Bereich für ankommende Passagiere! Wie – um Himmels willen – soll man da legal ein Auto zurückgeben? Wir entscheiden uns für die einfache Variante: Eingang durch das Security-Personal Tor, Nichtbeachten des Alarms und forsches Vorbeigehen an den Wachposten – wobei wir noch mit dem Dollar-Papierhaufen winken. Danach geht’s ratzfatz: Die Dame ist zwar nicht freundlich, aber kompetent, legt bald eine Rechnung über 875 AED vor (statt der geplanten 545 – ist aber wegen der Oman-Versicherung, einer Gebühr und Parkplatzgebühr (!) in Ordnung) und rechnet alles über den Blanko-Kreditkartenbeleg ab. Später erhalte ich dann per email die Bestätigung – wenigstens das geht elektronisch.

Eigentlich geht’s zum ACE, Michaels Baumarkt, rein logisch nach rechts und dann ist man gleich da. Oder auch nicht – denn Michael fährt erst mal nach links, dann eine Riesenschleife (immerhin keine 80 km) und nähert sich dem Ziel von der anderen Seite. Begründung: Lieber eine bekannte Strecke nehmen, auch wenn die weiter ist, als einen unbekannte, die dann jeweils länger dauert. Abgesehen davon komme ich so noch in den Genuß seiner Lieblingskreuzung: Ein 5-spuriger Highway teilt sich und ein Abzweig führt nach rechts. Ätsch – will man nach rechts, dann muß man geradeaus, denn die Rechtsabbiegung führt über eine Brücke wieder in die Geradeausrichtung über den anderen Teil des Highways. Absolut irre!

ACE hat zwar alles, aber nichts von dem, was wir wollen. Wir finden zwar noch viele interessante Dinge, nehmen aber dann nichts mit und verlassen ACE mit einer Bestellung, die am Montag abgeholt werden kann.

Viola ist immer noch stark verschnupft – und war deshalb nicht mitgekommen. Abends wollten wir das Restaurant im feudalen Polo-Club aufsuchen – gleich neben den Ranches, leicht zu erreichen aber schwierig, zurückzufinden (ich wiederhole mich: diametral jeglicher Logik entgegengesetzte Verkehrsführung). Das Essen ist vorzüglich, das Ambiente sehr elegant und dann machen sie uns das Licht aus. Das sei immer so bei einer bestimmten Uhrzeit. Fortsetzung des Dinners als Candlelight Dinner.

Damit wir nicht bis Abu Dhabi oder Al Ain für den Rückweg müssen, wählt Michael den Sand neben der Straße. Überqueren kann man sie nämlich erst wieder bei den Ranches am Kreisverkehr, der mir gestern so viele Probleme bereitet hat.

Irgendwie stelle ich fest, daß meine Fotoausbeute bei diesem Trip relativ gering ist und so plane ich einen weiteren Besuch in der Stadt. Viola empfiehlt die Ibn Battuta Mall, die sich vor allem durch eine interessante Architektur anbietet: Ibn Battuta war ein Reisender, der insbesondere die Länder China, Indien, Persien, Ägypten, Tunesien und Andalusien besucht hat. Und so ist die Mall um genau diese 6 Zentren gebaut, jeder Teil architektonisch dem jeweiligen Land entsprechend. Die zentralen Hallen werden von Skulpturen der jeweiligen Region dominiert. So ist in Indien ein riesiger Elefant, China hat ein gestrandetes Segelschiff (in Originalgröße) und vor allem Ägypten hat es mir angetan, mit einer Skulptur, die einen Pendelversuch darstellt und dabei eine kleine Geschichte der Mathematik beheimatet. Auch wenn vieles davon ein bißchen disneylandisch anmutet – die Idee ist nett, die Umsetzung sehenswert.

Was außer mir nur ganz wenige Menschen sehen – denn die Mall ist an diesem Werktag fast menschenleer. So verbleibe ich deutlich länger darin, als erwartet. Violas Auto, das ich irgendwo im indischen Parkhaus abgestellt habe, will zwar weiter, aber ich entscheide mich für eine Fahrt in der Metro – das muß einfach sein. Zuvor hatte ich noch ausfindig gemacht, daß die Metrostation Ibn Battuta gerade erst vor 2-3 Wochen fertiggestellt worden sei – also nichts wie hin. Ziel ist die Mall of the Emirates – ebenfalls eine Metro Station. Metrofahren ist absolut simpel: Die Karten sind RFID gefüttert, pre-paid und beim Durchgang durch das Drehkreuz wird man registriert, beim Hinausgehen bezahlt man automatisch. Natürlich mache ich gleich zwei Fehler: Ich steige in der Gold-Class ein (das ist die erste Metroklasse und die hat sogar andere Tickets) und gehe dann durch das Frauenabteil. Ein netter Schaffner begleitet mich und schützt mich so vor weiteren Fehlern (andere gibt’s aber nicht). Kurioserweise lande ich bei der Rückfahrt ebenfalls im Frauenabteil – ein aufgebrachter Beamter gestikuliert draußen bei der Abfahrt ganz hektisch und erst der Hinweis einer Mitfahrerin bringt die Erkenntnis des Fehlers.

Heute ist der Nachhauseweg einfach – ich weiß ja jetzt, wo ich überall fahren soll und kann und so bleibt’s an dem Tag bei keinem Umweg.


Danach ist Packtag – wenngleich erst kurz vor Mitternacht – Einkaufstag (Violas verspätetes Geburtstagsgeschenk, der Welt billigste Elektroadapter und Lebensmittel bei Spinnies – die spinnen, die Dubaianis) und Abschiedstag mit einem weiteren exzellenten Dinner im Golfclub, bei dem nicht nur diniert wird, sondern gerade die Quiz-Night läuft. Der Quizmaster ist eine Stimmungskanone und die Stimmung entsprechend euphorisch berauschend – für den Fall, daß man Engländer in den letzten Alterszügen ist. Nix für uns – aber wir haben ja auch draußen gesessen und ich hab schon mal vorsichtig meine Erkältung nach ihrem Befinden morgen Abend gefragt – da gibt’s keine 35° um 22:30 mehr, sondern laut Vorhersage einstellige Temperaturen. Brrrrrrrrr-time ist angesagt.

Viola läßt es sich nicht nehmen, mit in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen zu fahren. Die Verabschiedung ist kurz – da Halteverbot – aber ich habe schon ein Tränchen im Auge: Es wird ja doch einige Zeit dauern, bis wir uns wieder sehen.

Und mit 'Tränen in den Augen' begrüßt mich auch Bad Tölz - fast unter Wasser............

Keine Kommentare: